Bundestag beschließt Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung
Der Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung wurde in 2./3. Lesung vom Bundestag entsprechend der vom Bundestagausschuss für Inneres und Heimat empfohlenen Fassung (BT-Drs. 20/7394) beschlossen. Zusätzlich wurde ein Entschließungsantrag (BT-Drs. 20/7432) zur sog. Westbalkanregelung gefasst. Mit den beschlossenen Änderungen des Gesetzes kann jetzt auch die Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung angepasst und das Verfahren hierzu fortgesetzt werden. Die Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Bundesministeriums des Innern und für Heimat zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung übersenden wir Ihnen im Anhang.
Folgende Anpassungen wurden vorgenommen:
- Weitere Senkung der Einkommensschwelle bei der Blauen Karte EU (§ 18g AufenthG-E): Zum Erhalt der Blauen Karte wurde die Einkommensschwelle auf 50 % (43.800 €) statt wie geplant 56,6 % (49.580 €) der Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung gesenkt.
- Chancenkarte (§ 20a AufenthG-E): Die Chancenkarte kann um bis zu zwei Jahre verlängert werden, wenn ein Arbeitsvertrag oder ein verbindliches Arbeitsplatzangebot vorliegen und die Voraussetzungen für die Erteilung einer anderen Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Erwerbstätigkeit noch nicht erfüllt sind, z. B. die Anforderungen für Sprachkenntnisse. Die Qualifikation in einem Engpassberuf wird zu bepunktendes Kriterium für die Chancenkarte und die Mindestvoraussetzung an Deutschkenntnissen wird auf A 1 gesenkt.
- Ausweitung der sog. Westbalkanregelung (§ 26 Abs. 2 BeschV): Der Zugang zum Arbeitsmarkt ohne Qualifikation nach der sog. Westbalkanregelung kann Bestandteil der zu verhandelnden Migrationsabkommen der Bundesregierung mit anderen Herkunftsstaaten werden (Inhalt des Entschließungsantrages).
- Anerkennung von Berufsqualifikationen (§ 19c AufenthG-E i. V. m § 6 BeschV-E): Formelle Bildungs- und Ausbildungsverfahren der Außenhandelskammern werden anerkannt. Der Nachweis über die Voraussetzungen ist über eine Bestätigung durch das Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) zu erbringen (vgl. auch § 90 Abs. 3b BBiG-E).
- Spurwechsel aus dem Asylverfahren (§ 10 Abs. 3 AufenthG-E) und Umwandlung der Ausbildungsduldung in eine Aufenthaltserlaubnis (§ 16g AufenthG-E): Fachkräfte, die noch im Asylverfahren oder im Besitz einer Duldung nach § 60a AufenthG sind, können in eine Aufenthaltserlaubnis wechseln, wenn sie sich bereits zum Stichtag 29. März 2023 in Deutschland befinden. Dies gilt allerdings nur für Titel nach §§ 18a, 18b und 19c Abs. 2 AufenthG. Zudem wird die Ausbildungsduldung in eine Aufenthaltserlaubnis umgewandelt. Wird das Ausbildungsverhältnis vorzeitig beendet oder abgebrochen, wird einmalig um sechs Monate die Möglichkeit zur Suche nach einem weiteren Ausbildungsplatz zur Aufnahme einer Berufsausbildung gewährt. Die Bildungseinrichtung ist verpflichtet, dies unverzüglich, in der Regel innerhalb von zwei Wochen, der zuständigen Ausländerbehörde schriftlich oder elektronisch mitzuteilen. § 104 Abs. 15 AufenthG-E regelt die Gleichstellung von Ausländern, die bereits im Besitz einer Ausbildungsduldung sind bzw. diese bis zum Inkrafttreten des Gesetzes erhalten, mit denjenigen, die nach Inkrafttreten eine Aufenthaltserlaubnis dieser Art erhalten.
Zweckwechsel für Fachkrafttitel: Der Grundsatz, dass eine Aufenthaltserlaubnis in der Regel nur erteilt werden kann, wenn die Einreise mit dem richtigen Visum erfolgt ist, bleibt bestehen. In engen Grenzen jedoch soll künftig der Wechsel aus Schengen-Visa in einen Fachkräftetitel in Deutschland möglich sein, ohne dass vorher eine Ausreise und ein Visumantrag aus dem Ausland gestellt werden muss. §§ 18a und 18b AufenthG werden hierfür zu Anspruchstiteln umgewandelt und § 5 Abs. 2 und 3 AufenthG angepasst. - Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung zur Arbeitsplatzsuche (§ 20 AufenthG-E): Diese kann einmalig um bis zu sechs Monate verlängert werden, wenn der Lebensunterhalt gesichert ist.
- Erleichterung Familiennachzug für Fachkräfte (§ 36 AufenthG-E): Künftig muss kein ausreichender Wohnraum nachgewiesen werden für den Familiennachzug. Ist der eigene Lebensunterhalt gesichert, können nun auch die Eltern nachziehen.
Beschleunigtes Fachkräfteverfahren: Es wird in § 81a Abs. 1 AufenthG klargestellt, dass Arbeitgeber zur Durchführung des beschleunigten Fachkräfteverfahrens auch Dritte bevollmächtigen können. - Aufenthaltserlaubnis für Gründer: § 21 Abs. 2 b AufenthG-E schafft eine neue Aufenthaltserlaubnis für Gründerstipendiaten.
Zentralen Servicestelle für Anerkennung (ZSBA): Die ursprünglich lediglich bis 31. Dezember 2023 als Modellvorhaben vorgesehene ZSBA bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) wird in § 421 b SGB III um drei Jahre bis 31. Dezember 2026 verlängert. - Protokollerklärung zum Thema Verwaltungsverfahren: Auf S. 31 f. der Beschlussempfehlung erklären die Koalitionsfraktionen zu Art. 12 (Inkrafttreten) zu Protokoll, dass die Bundesregierung aufgefordert wird, im Rahmen einer externen Machbarkeitsstudie zu prüfen, inwieweit durch Zentralisierung der Verfahren der Erwerbsmigration bei der BA, dem Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten, anderen Behörden oder einer neuen Behörde eine Effizienzsteigerung erreicht werden kann. Die Machbarkeitsstudie soll auch die Schaffung einer digitalen Einwanderungsagentur umfassen und ist im Jahr 2024 vorzulegen. Die Fraktion der SPD erklärt zudem, dass sie die Erwartung habe, dass die erforderlichen Visa-Verfahren zu beschleunigen seien. Auch die Fraktion der FDP weist auf die Wichtigkeit der besseren Umsetzung hin.
Der Gesetzestext kann in der Verbandsgeschäftsstelle angefordert werden.