"Viel zu verlieren"
Unter dieser Prämisse konstatierte Voscherau, dass die Alternative "Arbeit haben oder keine" Weichen stelle, beim Einzelnen wie in der Demokratie. Derzeit gebe es mit den USA eine globale Supermacht, aber die Erwartung des Bürgers hierzulande am Output der Gewählten bleibe, der Durchschnittsbürger habe viel zu gewinnen, "aber eben auch viel zu verlieren". Was, das wurde deutlich, als der Referent drastisch formulierte, dass derzeit die Zügel der sozialen Marktwirtschaft eines Ludwig Erhardt "heruntergerissen" würden. Oder wenn er Artikel 14 des Grundgesetzes wie den "Nachhall einer vergangenen Epoche" sarkastisch so interpretierte: "Eigentum verpflichtet zu nichts, sein Gebrauch soll dem Wohl des Shareholder Value dienen."
Wie man beim Wandel mit dem Spannungsfeld einer entgrenzenden Globalisierung und einer auf die Menschenwürde setzenden Demokratie dennoch bestehen kann, versuchte Voscherau ebenfalls zu skizzieren. Sein Credo: "Alles hängt von uns selbst ab." Leistungsbereitschaft ist dabei für den waschechten Hanseaten ebenso eine Primärtugend wie der Gemeinsinn, dessen Verlust mehr und mehr drohe. Unter diesen Voraussetzungen müsse man Innovation als ständigen Prozess verstehen, erklärte der Ex-Bürgermeister und forderte Verschlankung der Bürokratie, Reform des Bildungswesens, Steuervereinfachung und eine Reform der Sozialsysteme. Un das alles, so Voscheraus klares Bekenntnis, irgendwann nicht in einer EU-Freihandelszone, sondern in den Vereinigten Staaten von Europa.
Voscheraus Vorredner brachen die Thematik auf das Lokale herunter. Gastgeber Binnewies forderte an seinem 58. Geburtstag den Arbeitgeberverband auf: "Geben Sie Arbeit, um die Quote zu drucken, denn das ist Ihre Hauptaufgabe." Binnewies wiederholte zudem seine schon zu Wahlkampfzeiten geäußerte Auffassung, dass nicht Miesmacherei sinnvoll sei, sondern "wir müssen über das Positive in dieser Region offen, ehrlich und gut sprechen". Nur so könne man Menschen überzeugen, hierher zu kommen.
Integrations-Verdienste
Der neue AGV-Vorstandsvorsitzende Torsten Janßen stellte bei seiner Begrüßung seinen Vorgänger in den Fokus. Ulrich Weiterer habe sich n eben anderem vor allem um die Integration von West- und Ostharz verdient gemacht: "Danke für Ihr überragendes Engagement." Da musste dann auch der solchermaßen Gelobte noch einmal ans Mikrofon. Weiterer dankte knapp für "freundliche und wohlwollende Worte" und empfahl, die Arbeit des neuen AGV-Vorstandes wie zu seinen Zeiten zu unterstützen.
Janßen neuer Chef des AGV
Weiterer-Nachfolger ist ebenfalls Banker und kommt aus dem Oberharz
GOSLAR. Auf den Banker folgt ein Banker: Einstimmig wählte der Beirat des Allgemeinen Arbeitgeberverbandes Harz (AGV) gestern Nachmittag bei seiner Jahreshauptversammlung im Goslarer Ramada-Hotel "Bären" Torsten Janßen, Vorstand der Volksbank im Harz eG und Sprecher der Bankenarbeitsgemeinschaft der Volksbanken im und am Harz, zum neuen Vorstandsvorsitzenden der Organisation. Janßen folgt damit Ulrich Weiterer nach, der seit 1994 den Vorsitz hatte und nicht wieder kandidierte, weil sein Vertrag als Chef der Sparkasse Goslar/Harz zum Ende dieses Jahres ausläuft. Weiterer wurde zum AGV-Ehrenvorsitzenden ernannt.
Neben Janßen gehören dem neuen Vorstand seine Stellvertreter Ralph Weitemeyer, Harzer Mineralquelle Blankenburg GmbH, und Rainer-Rudolph von Oehsen, Wilhelm List Nachf. GmbH & Co. KG, sowie Andreas Ebert, Stratie Straßen- u. Tiefbau GmbH, Florian W. Haacke, GXC-Coatings GmbH, Willi J. Lauer, Uhlig-Rohrbogen GmbH, und Michael Pankratz, Privat-Nerven-Klinik Dr. med. K. Fontheim GmbH & Co. KG, an.
Der neue Chef ist 43 Jahre und gebürtiger Oldenburger. Seit 1999 gestaltet er die Entwicklung der Volksbank im Harz eG mit Sitz in Osterode mit. Janßen ist verheiratet und hat eine Tochter.
hgb