Pressebericht zur Jahresveranstaltung des AGV Harz e.V. am 17. März 2005

Je später der Abend, desto eindringlicher die Botschaften: Staatssekretär Rezzo Schlauch war voll des Lobes für den Mittelstand, hatte aber auch kritische Anmerkungen im Reisegepäck. Foto: Schenk

Goslarsche Zeitung - 19. März 2005

Wo die Fordernden gefordert sind

Wirtschaftsstaatssekretär Rezzo Schlauch sprach beim Allgemeinen Arbeitgeber-verband Harz in der Kaiserpfalz - Von Frank Heine

GOSLAR. Ein Grünen-Politiker, der für einen SPD-Minister einsprang und ein Jahr nach dem FDP-Chef sprach: Diese ungewöhnliche Konstellation bot der Allgemeine Arbeitgeberverband Harz (AGV) am Donnerstagabend bei seiner Jahresveranstaltung in der Kaiserpfalz.

Zunächst war jedoch Warten angesagt: Rezzo Schlauch, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, Mittelstandsbeauftragter der Bundesregierung und anstelle des in Berlin unabkömmlichen Ministers Wolfgang Clement eingeflogen, hatte aufgrund der miserablen Wetterbedingungen erhebliche Verspätung.

Hohe deutsche Standards

AGV-Vorsitzender Ulrich Weiterer stimmte die Gäste in der gut besetzten aula regis mittlerweile auf das Thema des Abends "Wachstumsmotor Mittelstand" ein, lobte die kleinen und mittleren Unternehmen als Job-Garanten, beklagte aber auch eine bürokratische Regulierungswut mit der Tendenz, die hohen deutschen Standards noch zu überbieten. Beispiel: die geplante EU-Chemikalienverordnung "Reach", die Auswirkungen auf etwa 3500 Arbeitsplätze in der Region habe. Nach dem Grußwort von Oberbürgermeister Dr. Otmar Hesse, der die Zeit bis zum Eintreffen Schlauchs rhetorisch überbrückte, ekam das Publikum andere Worte als noch vor Jahresfrist zu hören, als der Liberalen-Bundesvorsitzende Guido Westerwelle auf dem Podium gestanden hatte.

Nach humorigem Einstieg und Bekenntnis zum mittelständischem Unternehmer, der in der Region verwurzelt ist, gesellschaftliche Verantwortung übernimmt und gleichsam als Anker dem kommunalen Leben Stabilität verleiht, griff der eloquente Schlauch in die verbale Reformen-Kiste. Die Agenda 2010, Hartz-Gesetze, Steuer-, Gesundheits-, Sozialpolitik etc. - der Grüne, der 1996 bei der Wahl zum Stuttgarter Oberbürgermeister nur knapp gescheitert war, legte auf den Tisch, was Rot-Grün seit 1998 auf den Weg gebracht habe - und aktuell noch im Köcher hat: So bot Schlauch seinen Hörern exklusiv erste Ergebnisse des Berliner Job-Gipfels mit der Union.

Merksätze für die Chefs

Und bei allem Verständnis für diejenigen, die den Widrigkeiten des globalen Wettbewerbs ausgesetzt und durch nationale Gesetze zusätzlich gegängelt sind: Wer nach Reformen rufe, dürfe nicht zurückzucken, wenn es an eigene, lieb gewonnene Strukturen gehe - frei nach Brecht: "Ein gutes Argument wirkt wundervoll, nur nicht auf den, der etwas hergeben soll." Schlauch schrieb mit dickem Stift seine Merksätze ins Unternehmer-Stammbuch, was im Auditorium naturgemäß nicht überall auf Gegenliebe stieß - ein Abend eben mit ungewöhnlicher Konstellation.

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