Presseberichte zur Jahresveranstaltung des AGV Harz e.V. am 14. März 2012

Rösler setzt auf Wachstum

Wachstum statt Steuersenkungen: Wirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler (FDP) sieht in der Stärkung der Wachstumskräfte die Kernaufgabe liberaler Politik. In der Kaiserpfalz zu Goslar sprach er gestern Abend vor rund 450 geladenen Gästen aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung darüber, wie er die soziale Marktwirtschaft stärken will. Rösler, der zudem Bundesparteivorsitzender der Liberalen ist, war auf Einladung des Allgemeinen Arbeitgeberverbandes Harz (AGV) nach Goslar gekommen. AGV-Geschäftsführerin Anja Mertelsmann und Vorsitzender Torsten Janßen begrüßen den Gast. Janßen verbreitete Optimismus, als er die Situation von Mitgliedsbetrieben des AGV schilderte (ausführlicher Bericht folgt). oli/Foto: Schenk

Harzer Volksstimme - 16. März 2012

Röslers klares Bekenntnis zum Wachstum als Fortschrittsmotor
Vor Harzer Arbeitgeberverband betont der Bundes-Wirtschaftsminister die "Tugenden der sozialen Marktwirtschaft"

Von Tom Koch
Goslar

43 Redeminuten, unterbrochen von fünf Mal Zwischenapplaus, dauerte der Auftritt von Philipp Rösler vor den Mitgliedern des Harzer Arbeitgeberverbandes.

Kaum hatte er in der gut besetzten Goslarer Kaiserpfalz seine Dankesblumen samt CD eines Hannoveraner Kabarettisten entgegengenommen, blieb selbst für das festliche Abendmahl in der exklusiven Vorstandsrunde kaum noch Zeit. Der Bundeswirtschaftsminister war am Mittwochabend als FDP-Bundeschef im NDR-Fernsehstudio gefragt, er hatte den drohenden Verlust der Landtagszugehörigkeit seiner Liberalen in Düsseldorf zu erklären.

Ausbildungsanstrengungen verstärken, Familie und Beruf besser miteinander vereinbaren, Bürokratien abbauen sowie stets innovativ und optimistisch sein, so lauteten die wesentlichen Thesen seines Vortrags zum Thema "Die soziale Marktwirtschaft stärken". Der Vize-Kanzler widmete sich auch den griechischen Geldsorgen, verteidigte die kurzfristige Subventionskürzung bei Solaranlagen und fand immer wieder Gelegenheit, auf seine familiären Wurzeln in Goslar zu verweisen.

Philipp Rösler sprach ohne Manuskript, teilweise auch voller Selbstironie, ein Beispiel: "Ich bleibe ein Optimist und denke, dass es morgen besser sein könnte als heute. Wer wüsste das nicht besser als ein FDP-Vorsitzender."

Einen großen Raum seines Vortrags nahm die Betonung von Wachstum als Fortschrittsmotor ein. Deutlich kritisierte er jene 55 Autoren, die im Vorjahr in ihren Büchern zur Wirtschaft ausnahmslos Wachstumskritik geäußert hätten. Ausdrücklich schloss Rösler dabei den "Club of Rome" ein, einer nichtstaatlichen Organisation, die sich dem globalen Gedankenaustausch von internationalen Fragen widmet. Dass dieser Club 1972 prognostiziert habe, 2002 seien die Welt-Ölreserven aufgebraucht, um im Vorjahr diese Vorhersage auf 2037 neu zu datieren, verführte den FDP-Politiker dazu, diesem nichtkommerziellen Bündnis "etwas Sektenhaftes" zu unterstellen. "Wer überzeugt ist, dass die Welt wenn nicht morgen, dann übermorgen untergeht, der hat auch keinen Anspruch auf mehr Engagement für Wohlstand und Fortschritt", erklärte Rösler. Die Harzer Unternehmer rief er dazu auf, "die Tugenden der sozialen Marktwirtschaft für weiteres Wachstum zu nutzen".

"Deutsche Begriffe wie Kindergarten, Blitzkrieg und Energiewende haben Eingang in fremde Sprachen gefunden.
Es wird Zeit für ein neues Wort: German Mittelstand."


Philipp Rösler,
Bundes-Wirtschaftsminister

"Der teils lokale Bezug hat mir gefallen. Vermisst habe ich, dass der Bundeswirtschaftsminister seinem Publikum zu wenig Ansätze für ihr konkretes Handeln vermitteln konnte."
Bernd Skudelny, Leiter der Kreis-Wirtschaftsförderung

"Ein bemerkenswert freigehaltener Vortrag mit kontroversen Thesen. Die starke Betonung der sozialen Marktwirtschaft aus dem Munde des Liberalen, das war nicht zu erwarten."
Armin Willingmann, Rektor der Hochschule Harz

"Ein gelungener überzeugender Vortrag mit eindeutigem Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft, den selbstregulierenden Marktmechanismen sowie gegen ausufernde Bürokratie."
Marko Eggert, Roland-Initiative Halberstadt

"Röslers Auftritt war unterhaltsam und hat zum Nachdenken angeregt. Son in der Frage, dass ausländische Studenten nach ihrem Examen über kein Aufenthaltsrecht in Deutschland verfügen."

Christian Juranek, Geschäftsführer Schloß Wernigerode

"Ein rhetorisch guter Vortrag, trotz des hohen Redetempos. Dass Philipp Rösler seine Goslarer Wurzeln anspricht, war nett, dass Soziale an der Marktwirtschaft zu betonen, überraschend."
Andreas Ebert, Geschäftsführer Stratie Blankenburg

Es darf gern ein bisschen mehr sein: Wirtschaftsminister Philipp Rösler, dessen FDP in Nordrhein-Westfalen bei Neuwahlen um den Wiedereinzug in den Landtag zittern muss, setzt auf Wachstum. Foto: Schenk

Goslarsche Zeitung - 16. März 2012

Wachstum, Wachstum, Wachstum

Beim Arbeitgeberverband Harz wirbt Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler für die Marktwirtschaft

Von Oliver Stade

Einige Zeit lang sah es so aus, als bliebe Christian Wulff nicht der einzige Spitzenpolitiker aus der niedersächsischen Landespolitik, der in Berlin scheitert. Irgendwann in den vergangenen Monaten, nachdem über die Zukunft von Dr. Philipp Rösler (39) als FDP-Parteichef spekuliert wurde und der kleine Koalitionspartner mit seinen Steuersenkungswünschen bei der Kanzlerin auflief, erfand Rösler daher ein neues großes Leitmotiv für die FDP. Beim Jahrestreffen des Allgemeinen Arbeitgeberverbandes (AGV) Harz am Mittwoch in der Kaiserpfalz wiederholte der Bundeswirtschaftsminister es wie ein Mantra, es lautet: Wachstum, Wachstum, Wachstum.

Federnden Schrittes nahm der Gast "aus der großen Politik", wie AGV-Vorsitzender Torsten Janßen Rösler ankündigte, die Treppen auf die Bühne, begrüßte schwungvoll die rund 450 geladenen Gäste und mit den Goslarern Dr. Jürgen und Ruth Lauterbach seine "lieben Schwiegereltern" im Publikum. Dann dankte Rösler dem Mittelstand allgemein und dem AGV. "Großartige Wachstumszahlen" habe es 2011 gegeben und "so viel sozialversicherungspflichtige Beschäftigte wie noch nie". Damit gelangte Rösler schnurstracks zu seinem Hauptanliegen - dem Wachstum.

Schneller Redner

Das Wachstum werde zunehmend in Frage gestellt, dabei sei es der sicherste Weg aus der Krise, meinte Rösler: Es helfe, die Euro-Krise zu bewältigen, Staaten aus der Verschuldung zu holen und die Energiewende zu schaffen. Chancen sieht Rösler in der Fachkräftesicherung, er warb vehement für den Bürokratieabbau.

Als Vater, der in Berlin arbeitet, dessen Frau Wiebke aber mit den Zwillingen in Hannover lebt, plädierte er für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Rösler geißelte Spekulanten, die Geld mit fallenden Kursen von Aktien verdienen, die sie nicht besitzen, und landete damit bei seinem zweiten großen Thema, der sozialen Marktwirtschaft.

Rösler ist ein Schnelldenker und Schnellredner. Um Akzente zu setzen, wechselt er abrupt das Sprechtempo. Unter seinem Redefluss, der Tonanlage oder beidem litt mitunter die Verständlichkeit. Dennoch verstand er es, zielsicher Pointen zu setzen, etwa als er von den Zahlungsversprechungen berichtete, die seine griechischen Amtskollegen mit großer Zuverlässigkeit nicht eingehalten hätten.

Als früherer Wirtschaftsminister von Niedersachsen mit Bindungen in Goslar zeigte Rösler, dass er die Region kennt. Die Projektoffensive "Initiative Zukunft Harz" wurde unter seiner Zeit in Hannover ins Leben gerufen. Er regte an, das Bleiberecht zu reformieren, damit asiatische Absolventen der Technischen Universität Clausthal sich im Harz niederlassen können, würdigte die Chancen des geplanten untertägigen Pumpspeicherkraftwerks und Aktivitäten der Fels-Werke zur Gewinnung synthetischer Gase.

Schneller Redner
Mit dem Optimismus, den AGV-Vorsitzender Janßen versprühte ("Die Mitgliedsbetriebe haben ihre Hausaufgaben gemacht, ihnen geht es gut.") dürfte er mit Rösler auf einer Wellenlänge liegen. Er gab ihm einige Wünsche mit auf den Weg: mehr Klarheit beim Urlaubsrecht von Langzeiterkrankten, Sicherung der Tarifautonomie, weniger Abgabenlasten.
Goslars Oberbürgermeister Dr. Oliver Junk, der um einen Zukunftsvertrag für Goslar kämpft, nutzte die Gunst der Stunde. Er schilderte die Strukturprobleme der Region und wünschte sich Unterstützung der Landesregierung "und aus Berlin". Mit den Neuwahlen in Nordrhein-Westfalen aber hat Rösler zwischenzeitlich ganz andere Probleme.

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