Zustand und Zukunft der deutsch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen
Goslarsche Zeitung
Die deutsche Stimme der US-Wirtschaft
Martin Richenhagen leitet einen der größten amerikanischen Konzerne
- Vortrag beim Arbeitgeberverband Harz
Von Hendrik Roß
Professor Martin Richenhagen ist ein Unikat: Er ist der einzige deutsche Geschäftsführer eines der 500 größten US-amerikanischen Unternehmen. Seit 2004 leitet er die AGCO Corporation, einer der weltweit größten Landmaschinen-Produzenten. 2017 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt. Bei der Jahresveranstaltung des Arbeitgeberverbandes Harz in der Kaiserpfalz sprach der 65-jährige gebürtige Kölner, der seit 2011 auch die amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt, über die Zukunft der deutsch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen.
Alles in allem sei er „extrem optimistisch“. Deutsche Unternehmen, die in den USA tätig sind, seien „sehr gesund und wachsen“. Und auch der deutsche Markt sei für US-Unternehmen „hochattraktiv“.
Unternehmer beider Länder seien in der Pflicht, Kritik an den politischen Rahmenbedingungen zu äußern. Das tat der ehemalige Religionslehrer, der erst nach seiner Verbeamtung in die freie Wirtschaft wechselte, auch in Goslar mit Vorliebe.
Er sei in allen wichtigen Lobby-Verbänden in den USA aktiv, daher treffe er regelmäßig Staatsoberhäupter und ihre Minister. US-Präsident Donald Trump („Der Mann gehört in Behandlung“ sei nun einmal ein gewählter Präsident, „der zu 100 Prozent“ die Themen seines Wahlkampfes angehe. Er sei aber „kein Mann der Wirtschaft“, sondern ein „erfolgreicher Immobilienhai“.
Seine Steuerreform sei eine gute Maßnahme gewesen, der aktuelle Plan der US-Regierung auf höhere Einfuhrzölle zu setzen, jedoch Unsinn. „Zumal es gar kein Handelsdefizit der USA mit Deutschland gibt“, sagte Richenhagen. Man müsse sich nur die Umsätze von US-Dienstleistern wie Amazon oder Google hierzulande anschauen. Vor allem aber sei Trump „nicht zu steuern“.
Deshalb müsse sich die deutsche Politik darauf einstellen, in den kommenden Jahren kluge Schadensbegrenzung zu betreiben, zum Wohle der Handelsbeziehungen. „Deutschland muss dem Vereinfacher Trump einfache Lösungen bieten“, forderte Richenhagen. Zum Beispiel könnte die EU ihre Einfuhrzölle für US-Produkte senken. Auch ein größeres Engagement Deutschlands in der Nato könne eine geeignete Maßnahme sein. Das geplatzte Freihandelsabkommen TTIP sei eine große aber vertane Chance gewesen.
Doch ob unsere Politiker dieser Aufgabe gewachsen sind und „auf Augenhöhe“ verhandeln können? Der Deutsch-Amerikaner ist skeptisch: Angela Merkel sei eine „visionslose Kanzlerin“, kritisierte Richenhagen. Und in den USA sei seit Hans-Dietrich Genscher (1974 bis 1992) kein deutscher Außenminister in Erinnerung geblieben.
Richenhagens Meinung zu US-Präsidenten deckt sich nicht unbedingt mit der öffentlichen Wahrnehmung in Deutschland: George W. Bush habe er als intelligenten und humorvollen Mann kennengelernt. In Deutschland sei er allerdings wegen seiner Militäraktionen verbrannt gewesen.
Barack Obama hingegen, in Deutschland verehrt, habe sich weder für wirtschaftliche Belange, noch für die Bundesrepublik interessiert. „Obama hat mehr Zeit auf dem Golfplatz als im Weißen Haus verbracht“, so der deutliche Vorwurf des Managers.
Wo die Politik versage, müsse die Wirtschaft einspringen, richtete Richenhagen an die eigene Adresse. Er nannte es eine „ethische Verpflichtung“, Menschen „eine gute Ernährung, ein Zuhause, eine Erziehung und auch einen Arbeitsplatz“ zu garantieren. Er brachte gar die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens ins Spiel.
Denn die fortschreitende Automatisierung werde vor allem einfache Arbeitsplätze kosten. Für die betroffenen Menschen müssten soziale Lösungen gefunden werden - in Deutschland wie auch in den USA.